Bürgerbeteiligung und Stärkung demokratischer Entscheidungsprozesse

Graue Eminenzen oder Bürgerbeteiligung: Wie werden eigentlich kommunale Entscheidungen herbeigeführt?

Demokratie bedeutet gleichberechtigte Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an den Entscheidungen, die im Gemeinwesen getroffen werden. Man könnte meinen, dass es auf kommunaler Ebene besonders leicht sei, diesen demokratischen Anspruch zu verwirklichen. Leider sind aber gerade hier besonders deutlich die großen Einflüsse von sogenannten Vorentscheidern festzustellen: Unternehmen und Lobbyisten nehmen frühzeitig Kontakt mit ihren Ansprechpartnern in der Verwaltung auf, um schon in der Entwurfsphase Einfluss auf Bebauungspläne, Verkehrswegeplanung und weitere Rahmenbedingungen für ihre Vorhaben zu nehmen. Oft werden so im Verborgenen Vorentscheidungen getroffen, die von vorne herein der Debatte im Gemeinderat oder gar der Öffentlichkeit entzogen sind. Die gewählten Gemeinderäte können dann im schlimmsten Fall nur noch für die Variante entscheiden, die das kleinste Übel für die Allgemeinheit darstellt.

Wir wollen endlich: Transparenz und erweiterte Bürgerbeteiligung

Die GRÜNE ALTERNATIVE FREIBURG tritt ein für eine größere Transparenz bei der Vorbereitung gemeinderätlicher Entscheidungen und die Verpflichtung der Verwaltung zur erweiterten Bürgerbeteiligung bei allen Vorhaben der Stadtentwicklung.

Beispiele einer folgenschweren Fehlentscheidung: Gegen die BürgerInnen und demokratisch fragwürdig.

Ein besonders eklatantes Beispiel für die gezielte Steuerung einer wichtigen Entscheidung des Gemeinderates war Ende der 80 Jahre die Vorbereitung des Beschlusses zum Bau der B31 Ost. Als Scheinalternative zur mittlerweile realisierten Maximalvariante mit ihrem immensen Flächenverbrauch und ihrer Anziehungskraft für noch mehr (LKW-)Verkehr zauberte die Verwaltung seinerzeit eine völlig überteuerte Volluntertunnellung der Schwarzwaldstraße und der alten B31 durch Ebnet zur Abstimmung. Keine Rede war von den Umwelt und Menschen verträglicheren Alternativen, die von Umwelt- und Verkehrsinitiativen wie der Bürgerinitiative gegen die B31 Ost, entwickelt worden waren.

Übrigens: Die jahrzehntelange Geiselnahme der Bürgerinnen und Bürger, die in Ebnet und entlang der alten B31 Trasse Lärm und Gestank ausgesetzt wurden, ist ein politischer Skandal für sich. Menschliche Grundbedürfnisse und Gesundheit wurden von fortschritts- und wachstumsgläubigenen Interessenvertretern und Planern gleichzeitig mit Füßen getreten und instrumentalisiert.

Heute befinden sich die Anwohner der Stadtdurchfahrt der B31 ebenso in einer Art Geiselhaft wie seinerzeit die Ebneter BürgerInnen. Und wie diese sehen sie sich gezwungen, in den Ruf nach einer Weg-Verlagerung der wachsenden Auto- und LKW-Lawine, diesmal in einen Stadttunnel, einzustimmen.

Wo könnten wir heute stehen, wenn die Lösung des Verkehrsproblems im Freiburger Osten auf der Basis einer breiten Bürgerbeteiligung aller Betroffenen und Beteiligten und transparent für die Öffentlichkeit erarbeitet worden wäre? Schon damals war klar, dass auf lange Sicht eine Reduzierung des Durchgangsverkehrs ebenso wie des Ziel- und Quellverkehrs von und nach Freiburg erreicht werden muss. Heute stehen wir bei gestiegener Verkehrsdichte immer noch vor der gleichen Herausforderung! Die Lokale Feinstaubbelastung und die globale Klimakatastrophe verlangen dringlicher als je zuvor nach einer Neuorientierung der Freiburger Verkehrspolitik.

Bürgerbeteiligung

Bei kommunalen Planungen wie etwa dem Flächennutzungsplan ist die sogenannte erweiterte Bürgerbeteiligung mittlerweile Standard. Fast alle kommunalpolitischen Gruppierungen führen den Begriff auf ihrem Schild. Aber meinen sie es ernst damit? Die Erfahrung vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger zeigt, dass ihr Engagement im Laufe des Beteiligungsprozesses viel zu oft ausgetrocknet oder von den Verantwortlichen in großen Teilen schlicht nicht wahrgenommen wird. Am Ende bleibt nichts übrig außer einer Alibifunktion. Beispiele für ein zumindest teilweises Versanden der erweiterten Bürgerbeteiligung sind die Entwicklung des Stadtteiles Rieselfeld, in besonders eklatanter Weise die Bebauung des Alten Messplatzes an der Schwarzwaldstraße und schließlich das jüngste Beispiel der Entscheidung der Gemeinderatsmehrheit zum "Green Business Center".

Beispiele Vauban, Rieselfeld und Alter Messplatz: Gewinn durch Bürgerbeteiligung, aber auch Zurückfallen in alte bürgerInnenferne Entscheidungsstrukturen

Zum ersten Mal wurden bei der Entwicklung des auf die grüne Wiese geplanten Stadtteils Rieselfeld Interessierte und zukünftige BewohnerInnen über das Verfahren der sogennannten erweiterten Bürgerbeteiligung einbezogen. Die teilweise nur zögerliche oder fehlernde Umsetzung der in der Bürgerbeteiligung entwickelten Ideen führte damals zwar auch für Entäuschung bei vielen Aktiven. Es hat sich dennoch daraus ein stetiger, über die Jahre gefestigter Prozess der Beteiligung der BürgerInnen an den den Stadtteil betreffende Entscheidungen entwickelt, der, obwohl er in Freiburger Tradition über einen Bürgerverein institutionalisiert ist, von den meisten BewohnerInnen positiv gesehen wird.

Das bisher am weitest gehend auf Bürgerbeteiligung aufgebaute Stadtteilentwicklungsprojekt war die Umnutzung und Bebauung des ehemaligen Kasernengeländes Vauban. Auch hier gab es eine erweiterte Bürgerbeteiligung, die sich allerdings während der Entstehungszeit der neuen Stadtteils eine  semiprofessionelle Struktur gab. Aufgrund der Erfahrungen mit den Schwierigkeiten bei der Umsetzung im Rieselfeld wenige Jahr zuvor, vertrat diese teil-professionalisierte Bürgerbeteiligungs-Gruppe in der heiklen Umsetzungsphase weiterhin ihren Mitgestaltungsanspruch.  Hier zeigt sich eindrucksvoll, was ernst gemeinte Bürgerbeteiligung bewirken kann: Das von den engagierten Bürgerinnen und Bürgern entwickelte Konzept eines verkehrsberuhigten, KFZ-reduzierten, resourcenschonend versorgten Stadtteil mit Passivhäusern und kurzen Wegen hat schließlich nicht nur den Gemeinderat überzeugt, sondern findet weltweit größte Beachtung.

Geradezu grotesk mutet es vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen in den Stadtteilen Riesefeld und Vauban an, wie die Stadtverwaltung mit den Ergebnissen der erweiterten Bürgerbeteiligung bei der Bebauung des Alten Meßplatzes umging. Die Vorschläge der beteiligten BürgerInnen wurden praktisch vollständig den Interessen eines Einzel-Inventors geopfert, dem die damalige Stadtregierung das einstige Filetstück für die Stadtentwicklung überlassen hatte. Die städtebaulichen Folgen dieser Rückschritte in der Bürgerbeteiligungspolitik lassen sich heute mit Erschrecken entlang der Rückseite des überdimensionierten ZO begutachten.

Es scheint gewerblichen Lobbyisten, Investoren und Hintergrundentscheidern (wieso stört es scheinbar niemanden, dass diese Begriffe nicht gegendert sind?) gelungen zu sein, Einfluss auf Gemeinderat und Verwaltung zurückzugewinnen und den Einfluss der Bürgerbeteiligung einzudämmen.

So zeigt ein näherer Blick, dass auch das viel gelobte Quartier Vauban von Bausünden und Fehlplanungen nicht verschont blieb: meist dort, wo Bauträgern die Gestaltung überlassen wurde oder die Verwaltung still vor sich hinplante, entstanden anonyme identitätslose Baukörper, mit hunderten von Tiefgaragen und breite, von Stellplätzen gesäumte Zufahrtsstraßen, die in starkem Kontrast zum preisgekrönten Stadtteilkonzept stehen.

Das aktuelle Beispiel des sogenannten "Green Businnes Center" - es müsste ehrlicher "Green Washed Business Center" heißen, denn ihm fehlt so gut wie jeder Ansatz zum recourcenschoneneden undklimafreundlichen Bauen - belegt auf traurige Weise den Schulterschluss von Gemeinderatsmehrheit, Verwaltung und Investoren gegen jahrelange Einwände der BewohnerInnen des Stadtteils Vauban.

Letztlich verdeutlichen alle diese Beispiele den Wiederstreit einer echten Bürgerbeteiligung mit den traditionellen Macht- und Einflusstrukturen, die zwar nicht demokratisch legitimiert aber noch immer stark sind.

Wir wollen endlich: Echte Bürgerbeteiligung

Der GRÜNEN ALTERNATIVE FREIBURG kommt es darauf an, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ernst gemeint ist und ihr Einfluss auf die Planungs- und Umsetzungsprozesse in allen Phasen aufrechterhalten bleibt!

Die Bürgerbeteiligung macht dem Gemeinderat stark

Eine solche, ernst genommene Bürgerbeteiligung sichert letztlich die Entscheidungsmacht des demokratisch gewählten Souveräns der Bürgerinnen und Bürger Freiburgs, des Gemeinderats: Die Anliegen und Vorstellungen aller, die sich in einer Sache engagieren, kommen in einem transparenten Verfahren auf den Tisch.  Der Gemeinderat kann seine Entscheidungen auf durchgängig demokratisch strukturierten Informationsgrundlagen fällen.